Lobbyspende oder Demokratiespende?

Lobbyspende oder Demokratiespende? 150 150 Eric Nussbaumer

In diesen Tagen wird in der Schweiz viel über Transparenz bei Politikspenden geschrieben. Volle Transparenz bei Unterstützungsleistungen von Firmen und Interessensorganisationen sind in einer Demokratie wichtig. Nichts ist aber schlimmer für eine Demokratie , wenn Spenden von juristischen Personen an politische Parteien oder einzelne Personen nur als Stärkung einer «genehmen» Politik verstanden werden und auch noch verdeckt erfolgen . Das Spendenmotiv heisst dann «die Politik kaufen».  Ich möchte daher zwei wesentlich Strömungen bei den wiederkehrenden Politikspenden von juristischen Personen unterscheiden – und am Tag der Demokratie in Erinnerung rufen:

Die Demokratiespende
Die ethisch jederzeit vertretbare Demokratiespende ist eine Spende im Rahmen der gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme des Unternehmens. Diese Demokratiespenden werden von Verbänden und Firmen allen in der Bundesversammlung vertretene Parteien angeboten. wesentliches Merkmal ist, dass die Spende völlig ungebunden von der politischen Tätigkeit einer Partei erfolgt. Berechnungsgrundlage ist meistens die Sitzverteilung in der Bundesversammlung, wobei die Nationalratssitze und die Ständeratssitze unterschiedlich gewichtet werden können. Teilweise wird auch zwischen Bundesratsparteien und Nicht-Bundesratsparteien unterschieden und entsprechende Pauschalbeträge gesprochen. Solche Spenden bringen eine Anerkennung für das Engagement der Parteien im schweizerischen System zum Ausdruck. Höpner (2009) hat dieses breite Spendenmodell von Unternehmen in Deutschland als „Politische Landschaftspflege“ 1 umschrieben. Wenn auch etwas überzeichnet, ist es in der Schweiz eher eine Spende zur Unterstützung der Milizdemokratie, da wir ja keine staatliche Parteienfinanzierung kennen. Dies im Gegensatz zur unten beschriebenen Lobbyspende, die zum Ziel hat, ein politisches Lager oder eine Partei zu stärken. In der Schweiz ist die Demokratiespende das Anerkennungsmodell für das milizdemokratische System.
Soweit mir bekannt, wird in der Schweiz dieses transparente Demokratie-Spendenmodell von der Raiffeisenbank, der Mobiliar, der Helvetia, der AXA, der SWISS, der GroupeMutuel, der Vereinigung der Pharmafirmen in der Schweiz vips und von SwissBanking2 praktiziert.  Bis zur Notfusion mit der UBS praktizierte auch die CreditSuisse das Modell der Demokratiespende an alle aktiven Parteien der Bundesversammlung. Die Bank Julius Bär gehört auch in diese Gruppe, sie erwartet aber, dass der Ausgabezweck (z.B. ein Projekt) deklariert wird. In der Projektausgestaltung gibt es aber keine Vorgaben, was deutlich macht, dass es sich um eine ungebundene Spende ohne Auflagen oder politische Handlungserwartungen handelt. Ungebundene Einzelspenden an alle Parteien, aber ohne erkennbare Verbindung zur proportionalen Vertretung in der Bundesversammlung, leisten auch Roche und Novartis.

Die Lobbyspende
Demgegenüber hat die Lobbyspende wenig mit einer Förderung der Demokratie oder der Stärkung der Milizdemokratie zu tun. Meistens werden hier einzelne Parteien der Bundesversammlung ausgeschlossen während andere – wegen ihrer Politik – bevorzugt werden. Gleiches gilt für die Unterstützung einzelner Kandidatinnen und Kandidaten. Die Geldspende zielt darauf, Politikinteressen der Unternehmen und Verbände mit einer Spende zu stärken und andere demokratische Kräfte indirekt zu schwächen. Leider werden auch diese Spenden im Nachhaltigkeitsbericht der Firmen als «political contributions» und damit als seriöse gesellschaftliche Mitverantwortung dargestellt. In Tat und Wahrheit sind es aber ausschliessliche interessengeleitete Spenden. In der Schweiz wird dieses Verständnis insbesondere von der UBS3, SwissRe, Gastro Suisse (Kandidatenunterstützung) und Zürich Versicherung praktiziert.

Nur die ungebundene Spende stärkt das Fundament der Demokratie
Die in der Schweiz neu geschaffenen Transparenzanforderungen sind gut. Nur muss man sie noch richtig lesen können. Eine Lobbyspende will nicht die Demokratie stärken, sie will die eigenen politischen Interessen mit einer Geldspende unterfüttern. Sie will bewusst die  faire demokratische Auseinandersetzung mit Geldmitteln verschieben. Die einen sollen mehr Mittel haben als die anderen.  Eine ungebundene Demokratiespende will das nicht, sie stärkt die politischen Akteure in einer grundsätzlichen und fairen Mittelzuwendung. ähnlich einer staatlichen Parteienfinanzierung.  Die transoarente Demokratiespende von juristischen Personen hat am heutigen Tag der Demokratie ein Danke verdient. Denn diesen Firmenspenden geht es auch um die Zukunft der Demokratie, um die „Ermöglichung der Auseinandersetzung“ in der Demokratie. Das ist mehr als eine interessengeleitete Lobbyspende, die Politikerinnen und Politiker nur dann finanziell „belohnen“, wenn sie die Interessen der Firmen und Interessensorganisationen vertreten.


  1. Höpner, 2009, Parteigänger und Landschaftspfleger: Eine Analyse der Parteispenden großer deutscher Unternehmen, 1984–2005 ↩︎
  2. SwissBanking engagiert sich in der Whalkampagne 2023 zusätzlich für PolitikerInnen, welche die Positionen von SwisBanking übernehmen. ↩︎
  3. Gemäss Nachhaltigkeitsbericht der UBS erhalten nur Parteien eine Spende, welche sich zum Finanzplatz „bekennen“ und für die freie Marktwirtschaft einstehen. ↩︎