Lieber Herr Staatssekretär Fasel

Lieber Herr Staatssekretär Fasel 1272 955 Eric Nussbaumer

Ich wünsche Ihnen einen guten Start und ein frohes europapolitisches Gelingen. Denn so wie es jetzt ist und war, kann es nicht mehr weitergehen! Als Land mitten in Europa müssen unsere Beziehungen mit den umliegenden Ländern rechtssicher und zukunftsfähig sein. Das ist heute nicht mehr gegeben und was wir erreicht haben, kann man seit dem Abbruch der Verhandlungen mit der EU als zielloses Abseitsstehen umschreiben. Andere nennen es Blockade. Darum hoffen so viele auf Sie als Deblockierer.

Sie mögen sich ja auch bestens erinnern, im Dezember 2013 – vor 10 Jahren – hat der damalige Bundesrat das Verhandlungsmandat mit der EU beschlossen. Man wolle den bilateralen Weg stärken und erneuern hiess das damalige Credo. Bereits damals waren wir in der Sackgasse. Die nun scheidende Nationalrätin Christa Markwalder meinte trocken: « Der bilaterale Weg gleiche zurzeit einer Sackgasse, aus der nur neue Verhandlungen führen könnten.» Sie verwies als Beispiel auf das seit Jahren hängige Dossier für ein Energieabkommen, weil ein institutionelles Rahmenabkommen fehle. Das war 2013. Die Parlamentarierin Christa Markwalder behielt diese klare Sichtweise, der Bundesrat leider später nicht mehr.

Es schmerzt daher sehr, dass unser Bundesrat unser Land in vielen Bereichen des sektoriellen Binnenmarktzugangs und in der Kooperation mit EU- und EWR-Staaten noch tiefer in die Sackgasse geritten hat. Ich will Ihnen die Auflistung aller Fehltritte ersparen, sie sind ja in BotschafterInnnenkreisen bestens bekannt. Eines ist heute deutlich: Aus der Sackgasse 2013  ist inzwischen die Blockade 2023 geworden. Die Zielsetzungen werden zwar immer noch mit den gleichen Floskeln umschrieben, nämlich man wolle jetzt im 2023 die «Stabilisierung und die Weiterentwicklung» der bilateralen Beziehungen mit der EU erreichen. Das sei die «Stossrichtung». Aber mehr ist da noch nicht, ausser Landezonen (sogenannte) und Diskussionen in Sounding Boards. Der Rest bleibt geheim.

Geschätzter Herr Staatssekretär, ich weiss nicht, wie lange sie die Sondierungsgespräche mit der EU weiterführen möchten und ich weiss auch nicht, ob sie danach «weitere Gespräche» mit der EU um schweizerische Eckwerte anschliessen werden, aber eines will ich Ihnen schreiben: Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (ich bin ja dort auch dabei)  will rasche Verhandlungen, die Kantonen wollen rasche Verhandlungen, die Nordwestschweizer Kantone sowieso. Sie wären also nicht alleine, wenn Sie uns in den Kommissionen und Kantonen informieren und bald konsultieren wollen. Eine starke Unterstützung wäre ihnen und dem Bundesrat gewiss. Denn die Fortsetzung der Blockade wollen wir nicht.

Nun gut, heute werden ihnen alle Bedenkenträger noch diese oder jene technische Abklärung ans Herz legen, damit sie dann im Herbst im Bundesrat eine weitere Standortbestimmung machen können – kurz vor dem 10 Jahresjubiläum. Wenn Sie es dann aber schaffen, den Bundesrat zu einem Verhandlungsmandat zu bewegen, dann kann endlich ein neues Kapitel beginnen. Ich zähle auf Sie – lassen sie sich von der bundesrätlichen Zögerlichkeit nicht zermürben. Alles Gute – wir sind in Europa zuhause!