Verantwortungsübernahme

Verantwortungsübernahme 150 150 Eric Nussbaumer

Von Eric Nussbaumer, Nationalrat, Baselland

Diese Woche wurde nach der ausserordentlichen Session der eidgenössischen Räte viel über Verantwortungsübernahme gesprochen. Wer den notrechtlichen Entscheid des Bundesrates zur Auflösung der Credit Suisse unterstützte, wurde als verantwortungsvoll bezeichnet. Wer den bundesrätlichen Entscheid mit den Milliarden-Garantien aus der Staatskasse ablehnte, wurde von den Verantwortungsvollen als verantwortungslos gebrandmarkt.

Der Ursprung des Verantwortungslosen
Damit man das Verantwortungsvolle in dieser Sache richtig versteht, muss man zuerst herausfinden, wo eigentlich die Verantwortungslosigkeit beheimatet ist.  Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung der Credit Suisse war in den letzten Jahren zuständig für die gelingende Fortführung des Unternehmens. Sie waren aber fachlich so schlecht (aber gut bezahlt), dass es ihnen nicht gelungen ist, eine traditionelle Schweizer Marke weiter positiv zu entwickeln. Sie haben Fehler gemacht, mussten Bussen bezahlen, Verluste schreiben  und schlussendlich haben sie das Vertrauen der Kundinnen und Kunden verloren. Es kam zum Bankrun. Eine Bank so zu führen, dass die Gefahr eines Bankruns besteht, ist ohne Zweifel verantwortungslos. Es ist daher auch nicht eine Frage der Boni, der Eigenkapital- oder Liquiditätsvorschriften, sondern schlicht eine Folge verantwortungsloser Führungsarbeit zum Wohle eines Unternehmens.

Das Führen einer traditionellen Spar- und Kreditbank ist etwas Einfaches. Die Zinsänderungsrisiken und die Kreditausfallrisiken sind eingrenzbar, beherrschbar. Kompliziert wird die Bankenwelt, wenn man komplizierte Geschäftsmodelle produziert und am Schluss das Vertrauen verloren geht. So einfach war es bei der Credit Suisse: Einem Geschäftsmodell mit erheblichen Risiken wurde nicht mehr vertraut. Die Bank war am Ende, weil die Leute das Geld zurückverlangten. Heute sagt die europäische Überwachungsbehörde von systemrelevanten Banken, man müsse nicht nur das Eigenkapital und die Liquidität von Banken überwachen, man müsse als Finanzmarktaufsicht auch das Geschäftsmodell verstehen, analysieren und überwachen. Kurzum, Banken haben sich zu einem so komplexen Gebilde entwickelt, dass man wegen der Komplexität die staatliche Aufsicht ausbauen muss. Die Grossbanken und ihre Krisen haben jetzt schon mehrmals bewiesen, dass ihre Selbstregulierung sicher nicht funktioniert und der Staat muss sie immer mehr überwachen, weil ihr Untergang eine ganze Volkswirtschaft beschädigen kann.

Muss der Staat den Verantwortungslosen zur Seite springen?
Weil es eine globale Bankenkrise geben könnte, wenn verantwortungslose BankerInnen nicht mehr weiterwissen, weil Ersparnisse verloren gehen und weil ganze Volkswirtschaften bedroht sind, muss der Staat bei einer Bankenkrise eingreifen und retten. So die einfache Regulierungstheorie. Bei kleinen Banken gilt das natürlich nicht, bei den grossen eben schon. Wenn man zulange die Verantwortungslosen machen lässt, dann muss man in der Not ganz schnell handeln. Das ist dem schweizerischen Bundesrat passiert. Er hat gemacht, was er noch machen konnte – nicht wegen der Credit Suisse, sondern aus Furcht: Aus Furcht, dass vom schweizerischen Boden aus, eine globale Bankenkrise gestartet hätte. Das liess sich der Bundesrat sehr viel kosten. Zahlen werden es die EinwohnerInnen.

„In der Session musste das Parlament die politische Frage beantworten, ob es die Arbeit der Verantwortungslosen auch politisch abnicken wolle. Es hat es nicht getan. Prompt sagten die Freunde der verantwortungslosen Banker, der Mehrheit des Parlaments fehle es an Verantwortungsbewusstsein. Wer Milliardenhilfen nicht abnicke, sei verantwortungslos.“

Muss das Parlament Verantwortungslosigkeit abnicken?
In der Session musste das Parlament die politische Frage beantworten, ob es die Arbeit der Verantwortungslosen auch politisch abnicken wolle. Es hat es nicht getan. Prompt sagten die Freunde der verantwortungslosen Banker, der Mehrheit des Parlaments fehle es an Verantwortungsbewusstsein. Wer Milliardenhilfen nicht abnicke, sei verantwortungslos. So einfach war die Frage aber nicht. Denn politisch stand die Frage im Raum, ob man angesichts der offensichtlich bestehenden Verantwortungslosigkeit nicht heute genau sagen muss, was die nächsten Schritte für mehr verantwortungsvolles Banking sein werden. Das wollte der Bundesrat nicht sagen, nicht vorgeben, nicht einräumen. Wer so führt, kann nicht auf die Unterstützung  derer hoffen, die in den nächsten Jahren die Verantwortungslosigkeit berappen werden. Verantwortungsvoller konnte das Parlament seine Antwort nicht geben.