Die Schweiz hat ein gutes Kriegsmaterialgesetz. Es wird kein Kriegsmaterial geliefert, wenn diese Lieferung einem Empfänger zugutekommt, der das Völkerrecht missachtet. Die Wiederausfuhr von geliefertem Material ist sehr restriktiv. Auch das ist richtig. Doch was ist die richtige Antwort, wenn der eine Nachbar gegen alle völkerrechtlichen Prinzipien angegriffen wird und der andere Nachbar sagt, ich werde dem angegriffenen Land beistehen – einzig wegen den Prinzipien des Völkerrechts.
Dieser Zusammenhang beschäftigt in diesen Tagen unsere Nachbarn. Deutschland, Dänemark, Spanien – alle haben diese Frage schon der Schweiz gestellt. Wir sind Länder, die das Völkerrecht achten wollen. Wir sehen aber in diesen Monaten, dass unser gemeinsamer Nachbar die Ukraine angegriffen wird. Die territoriale Unversehrtheit wird der Ukraine nicht gewährt. Das Völkerrecht ist missachtet. Wir—Deutschland, Dänemark, Spanien – helfen dem Nachbarn mit Kriegsmaterial. Wir wollen nun auch das in der Schweiz gekaufte Material einsetzen.
Die Ukraine wehrt sich – in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht – in einer einzigartigen Selbstverteidigung. Die Antwort unserer Nachbarn ist klar: Weil wir das Völkerrecht achten, helfen und unterstützen wir. Mit Geld und Kriegsmaterial. Kein anderer Nachbar soll kriegerisch überrannt werden.
Die Vereinten Nationen haben mit grossem Mehr in der Generalversammlung beschlossen, dass der Angriffskrieg von Russland nicht rechtens ist. Er ist völkerrechtswidrig. Deutlicher kann das «oberste Organ des Völkerrechts» nicht sein. Wenn rechtswidrig angegriffen wird, wenn die Vereinten Nationen mit solcher Klarheit Stellung beziehen, dann ist die Schweiz als Nachbar gefordert und kann die anderen Nachbarn nicht im Regen stehen lassen. Wir sind nicht die Auserwählten, die bei der kollektiven Verteidigung des Völkerrecht abseitsstehen dürfen.
Die anderen Nachbarn können nicht beistehen, weil wir damals – in andere Zeiten- eine Nichtwiederausfuhr über das von uns gelieferte Kriegsmaterial vereinbart haben. Doch es ist Zeitenwende. Wir müssen die Nichtwiederausfuhr im Einzelfall der Ukraine für unsere Nachbarn aufheben können. Unsere Nachbarn handeln im Rahmen des Völkerrechts. Ich habe gezögert, aber jetzt ist es klar: die Wiederausfuhr von Munition und anderer Rüstungsgüter muss für unsere Nachbarn für den Einzelfall Ukraine bewilligt werden. Parlament und Bundesrat müssen jetzt handeln und die Wiederausfuhr von Rüstungsgütern für diesen Fall anpassen.