Auch Ungarn und Polen helfen nicht im InstA-Durcheinander

Auch Ungarn und Polen helfen nicht im InstA-Durcheinander 150 150 Eric Nussbaumer

Es sind schon wieder Monate vergangen, seit der Bundesrat seine Konsultation zum Verhandlungsergebnis des Rahmenabkommens durchgeführt hat. Meine SP steckte dann gerade in der InstA-Krise und wusste weder ein noch aus. Auf der einen Seite die gewerkschaftsnahen GenossInnen, die eine stärkere europäische Integration strikt ablehnen (wegen der Rechtsprechung des EuGH sagen sie) und auf der anderen Seite die «EuropäerInnen», die IntegrationsbefürworterInnen, welche seit Jahren darauf hinweisen, dass der Sonderfall «Bilateraler Weg» nur fortgeführt werden kann, wenn ein institutioneller Rahmen geschaffen wird.

In dieser Not stellte die SP dem Bundesrat viele Fragen. Wer weiss, vielleicht würde eine Frage so beantwortet, dass wir sie für eine neue europapolitische Positionierung nutzen könnten. Bis heute ist das nicht gelungen. Aber zwei Fragen wurden letzthin vom EuGH geklärt und wir sind in der Sozialdemokratie  alle sehr dankbar, dass der EuGH diese Klärung vornahm: Die SP Schweiz wollte nämlich wissen, ob der Bundesrat wirklich das InstA unterschreiben könne,  wenn doch vor dem EuGH noch zu klären sei, ob die neue Entsenderichtlinie 2018/957 wirklich Rechtskraft bekomme. Einzelne hofften also auf die Nichtigkeitsklagen von Ungarn (sic!) und Polen (sic!), damit sich ein No Go für das InstA auftun würde. Der Bundesrat hatte schon damals sorgfältig geantwortet und noch einmal klar gemacht, dass eben gerade das InstA – unabhängig von dieser Klage – das Prinzip Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort verankere. Ein Prinzip, dass wir bisher mit der EU noch nie völkerrechtlich vereinbart haben.

Inzwischen hat nun auch der EuGH die Nichtigkeitsklage der beiden EU-Mitgliedsstaaten abgelehnt: Die neue Entsenderichtlinie 2018/957 ist gültig. Damit ist das in der Schweiz bei den FlaM angewendete Prinzip nicht nur im Protokoll 1 des InstA verankert, sondern ist jetzt auch ohne Zweifel europäisches Recht, so wie es bereits im Juni 2018 in Kraft gesetzt wurde.

Das Misstrauen gegen den EuGH geht wohl trotzdem weiter. Man wird alte Urteile hervornehmen und zeigen, dass der EuGH auf der Basis von älteren Rechtsvorschriften eine schlechte Abwägung gegenüber dem ArbeitnehmerInnenschutz machte. Aber es bleiben alte Urteile mit alten Rechtsgrundlagen. Das InstA-Durcheinander ist vorerst schon mal dahingehend geklärt, dass es in Zukunft fast unmöglich sein wird, den Lohnschutz in der Verhältnismässigkeitsabwägung gegenüber der Dienstleistungsfreiheit zu gering zu gewichten.  Polen und Ungarn wollten das Gegenteil: Keinen stärkeren Lohnschutz. Dass die SP auch diese beiden Nichtigkeitsklagen als mögliches Element für eine Infragestellung des völkerrechtlichen Vertragstextes des Rahmenabkommens anführte, war schon schlimm genug. Der EuGH hat gezeigt, auf welcher Seite er steht: Solide Rechtsvorschriften sind für ihn solide Rechtsvorschriften. Darum wird sie das europäische Gericht zukünftig im Sinne des Gesetzgebers auslegen. Er zitierte bereits in diesem Urteil die unzweideutige Erwägung zur neuen Entsenderichtlinie, nämlich, dass die Entlohnung den Gepflogenheiten im Zielland zu entsprechen hat. Der Lohnschutz und die Dienstleistungsfreiheit sind nun definitiv europapolitische Zwillinge. Die Schweiz hat bilateral schon lange diese beiden Zwillinge in ihre Rechtsvorschriften übernommen, die Dienstleistungsfreiheit regelt das Freizügigkeitsabkommen, den wirksamen Lohnschutz regelt das Entsendegesetz. Das InstA wir das nicht ändern.