Das 5-Punkte-Rahmenabkommen

Das 5-Punkte-Rahmenabkommen 150 150 Eric Nussbaumer

Die Situation ist verfahren. Seit Jahren wird verhandelt, wie der schweizerische sektorielle Zugang zum europäischen Binnenmarkt in der Rechtsanwendung homogener ausgestaltet werden kann. Das wäre in beidseitigem Interesse, denn es schafft Rechtssicherheit in der Schweiz und für Schweizerinnen und Schweizer in der EU.

Am letzten Sonntag schrieben einzelne Zeitungen über ein „Rahmenabkommen-light“. So dumm ist das gar nicht, nach jahrelangem Hin und Her nun den kleinstmöglichen Nenner zu suchen. Denn mit den Boykotteuren (Gewerkschaften) und den Provokateuren (Bundesrat) kann man in der jetzigen Situation leider nicht mehr erreichen.

Das 5-Punkte-Rahmenabkommen könnte die folgenden institutionellen Eckpunkte festhalten:

  1. Gültigkeitsbereich: Die institutionellen Eckpunkte gelten für fünf bestehende Marktzugangsabkommen und für alle zukünftigen sektoriellen Marktzugangsabkommen.
  2. Streitbeilegung: Für alle betroffenen Marktzugangsabkommen wird ein Streitbeilegungsmechanismus mit zu Entscheiden befugtem Schiedsgericht installiet. Soweit die Abkommen europäisches Recht übernommen haben, ist die Entscheidbefugnis im Lichte der eruropäischen Rechtssprechung zu sehen.
  3. Rechtsentwicklung: Im Sinne der Rechtshomogenität im sektoriell zugänglichen Binnenmarkt vereinbaren die Parteien, dass die betroffenen sektoriellen Abkommen der Rechtsentwicklung im EU-Binnenmarkt nachgeführt werden. Eine automatische Rechtsübernahme wird ausgeschlossen. Die Entscheidung über die Rechtsnachführung unterliegt den schweizerischen Gesetzgebungsprozessen. Findet einseitig in der Schweiz eine Rechtsnachführung nicht statt, einigen sich die Parteien über angemessene Ausgleichsmassnahmen.
  4. Beihilfe: Allfällige staatliche Beihilfen werden im Lichte der Beihilferichtlinie der EU in den zukünftigen Marktzugangsabkommen geregelt. Wird zu den Beihilfen im den zukünftigen Marktzugangsabkommen kein Verhandlungsergebnis erzielt, kommt auch kein neues Marktzugangsabkommen mehr zu Stande.
  5.  Eigenständiger Lohnschutz: Die im Freizügigkeitsabkommen vom 21. Juni 1999 zum Lohn- und Arbeitnehmerschutz vereinbarte Bezugnahme auf die Entsenderichtlinie 96/71 EG aus dem Jahre 1996 wird bis zum 31. Juli 2021 von der Schweiz eigenständig im Entsendegesetz auf den Stand der revidierten Entsenderichtlinie 2018/957 EU aus dem Jahre 2018 nachgeführt. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Arbeitsmarktkontrolle wird verstärkt. Dadurch wird der zwingende binnenmarktweite Schutz der entsandten Arbeitnehmer während ihrer Entsendung im Verhältnis zur Dienstleistungsfreiheit weiterhin sichergestellt und verbessert. Der gemischte Ausschuss überprüft die Anwendung und Umsetzung dieser Nachführung. Bis zum 30. Juli 2023 unterbreitet der Bundesrat zudem einen Bericht über die Anwendung und Umsetzung dieser Nachführungen und legt gegebenenfalls Vorschläge für weitere Gesetzesanpassungen vor, wenn der Schutz der Arbeitnehmenden nicht gewährleistet  und Missbräuche nicht in genügendem Masse bekämpft werden können.

Das Rahmenabkommen ist auf der Zielgeraden. Wenn Boykotteure und Provokateure nicht zum Dialog zurückfinden, dann muss man sich auf das Minimum begrenzen. Eine minimale Lösung ist eine Lösung .Wer dennoch keine minimale Lösung anstrebt, baut definitiv nicht an einer belastbaren bilateralen Brücke zwischen der Schweiz und der EU. Das weiss auch der Bundesrat.