Was, wenn der Freihandel gar nicht wirkt?

Was, wenn der Freihandel gar nicht wirkt? 150 150 Eric Nussbaumer

Vor der Sommerpause hat die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrates einen äusserst interessanten Bericht zu den Schweizerischen Freihandelsabkommen veröffentlicht. Wie wirken eigentlich die viel gelobten Freihandelsabkommen der Schweiz und stimmen die erreichten Wirkungen der Handelsabkommen mit den erwarteten Auswirkungen überein? Das Resultat ist ernüchternd, denn es gibt kein systematisches Monitoring.

Vorneweg muss ich erwähnen, dass ich ein Freund des globalen, fairen Handels bin. Der globale Handel ist ja auch nichts Neues. Lange bevor wir politisch über präferenzielle Handelsabkommen gestritten haben, wurde international und global gehandelt. Immer schon gab es faire Handelsleute und immer schon gab es solche die meinten, der Handel sei auch immer dazu da, das moralisch Richtige zu Gunsten des Handelserfolgs etwas auszublenden. In der raschen Globalisierung akzentuiert sich die Frage noch etwas mehr, für wen eigentlich die Vorteile eines erleichterten Handels geschaffen werden. Bundesrat Schneider-Amann meint, offene Märkte seien zentral für „die Wirtschaft“. Mit „die Wirtschaft“ meint er natürlich das investierte Kapital, das global nach einer höheren Rendite streben muss. Wenn das die einzige Auswirkung der Freihandelspolitik wäre, dann sind die Demonstrationen gegen Mega- Freihandel-Deals auch nachvollziehbar. Und darum stellt die parlamentarische Oberaufsichtskommission des Nationalrates auch die richtigen Fragen: Kommt diese Handelspolitik schlussendlich nur dem Kapital zu Gute? Oder bewirken Schweizer Handelsabkommen auch eine verbesserte soziale und ökologische Nachhaltigkeit, eine grössere globale Fairness und wie kann dieser positive globale Nutzen für die Menschen in der Schweiz sichtbar und erklärbar gemacht werden?

Die Abklärungen der GPK sind ernüchternd und der Bundesrat ist aufgefordert worden, bis im Herbst 2017 zu den Feststellungen und Empfehlungen der GPK Stellung zu nehmen. Die Evaluation der bisherigen Freihandelspolitik ging der Frage nach, ob für die abgeschlossenen Freihandelsabkommen jeweils klare Schlüsse über die Auswirkungen vorliegen. Das ist trotz Studien des Staatssekretariates für Wirtschaft (SECO) und einer Wirkungsanalyse des Forschungsinstituts BAKBASEL nicht der Fall. Man weiss also nicht, zu welchen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen die schweizerische Freihandelspolitik in den einzelnen Abkommen führt. Dass der Bund keine systematischen Informations- und Auswertungsunterlagen zum Freihandel darlegen kann ist besorgniserregend. Gute Politik muss die konkreten Auswirkungen immer darlegen können. Macht sie das nicht, wird sie angreifbar und sie wird nicht mehr verstanden.

„Wir sind überzeugt“, dass die strategische Ausrichtung auf den Freihandel richtig ist, tönt es aus dem Bundesratszimmer. Schön und gut. Glaubensbekenntnisse genügen aber heute auch in der Wirtschaftspolitik nicht mehr. Die effektiven Handelseffekte, die effektiven gesellschaftlichen Auswirkungen müssten nach mehreren Jahren Freihandelspolitik greifbarer sein. Was, wenn der Freihandel gar nicht wirkt und die Entwicklungen der Schweizer Exporte gar nicht wegen den Freihandelsabkommen steigen? Als Mitglied der parlamentarischen EFTA-Delegation bin ich mir bewusst, dass unsere regionalen Exportbranchen wie Pharma und Chemie auf gute globale Handelsmöglichkeiten angewiesen sind. Es wäre darum in unserem Interesse, dass der Bund – vielleicht gerade zuerst mit der Pharma- und Chemiebranche – endlich ein systematisches Monitoring zu den tatsächlichen Auswirkungen von Freihandelsabkommen aufbaut. Es muss uns gelingen, den globalen Handel nachweislich(!) so zu gestalten, dass in keinem Land die internationalen Arbeitnehmerrechte oder die global nötigen Umweltstandards unterlaufen werden. Ohne dieses systematische Monitorings bleibt die Freihandelspolitik eine dunkle Box, deren positiven Effekte weder der Bundesrat noch die Öffentlichkeit wirklich wahrnehmen können.