Neue Marktmodelle für Konzerne oder Ausbaupfad für Erneuerbare Energien?

Neue Marktmodelle für Konzerne oder Ausbaupfad für Erneuerbare Energien? 150 150 Eric Nussbaumer

Die Schweizer Stromkonzerne haben eine schwierige Zeit hinter sich und eine anspruchsvolle Zeit vor sich. Damit ist noch nicht gesagt, ob sie in der Vergangenheit alles falsch gemacht haben und ob sie zukünftig alles richtig machen.

Was sie falsch gemacht haben

Sie haben sicher die Energiewende verschlafen. Heute sitzen Alpiq und Axpo immer noch auf ihren Atomkraftwerken, die nichts mehr wert sind. Im wettbewerblichen Strommarkt Europas ist der Wert dieser Kraftwerke nämlich Jahr für Jahr gesunken. Ob sie mit einem Strompreisanstieg wieder zu attraktiven Vermögenswerten werden, steht in den Sternen. Die Entsorgungslast und die Ewigkeitskosten sind zu riskant, als dass ein Investor jemals wieder etwas für ein AKW bezahlt. Die Geschichte ist darum schon oft erzählt: Am liebsten würden sie die AKW für einen Franken verkaufen oder verschenken. Kommt dazu, dass parallel zu diesem Wertezerfall weitere rasante Umbrüche im Strommarkt stattfinden. Erneuerbare Energien werden breiter akzeptiert und sind heute wirtschaftlicher als Atomenergie. Zur dezentralen Erzeugung kommt der billige dezentrale Speicher. Es ist nur noch eine kurze Zeit, dann ist die Kombination von dezentralem Speicher und dezentralem Kraftwerk ökonomisch überall im Vorteil. Und – vielleicht wird auch der Stromhandel durch die rasante Digitalisierung (Stichwort Blockchain) auch noch auf den Kopfe gestellt. Zeit also, den richtigen Weg einzuschlagen.

Neue Marktmodelle als Rettungsanker?

Intensiv wurden in den letzten Monaten über sogenannte neue Marktmodelle diskutiert. Was ist das eigentlich? Dieser Diskussionen liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass der heutige Strommarkt, der nur über ein Preissignal für die Energie gesteuert wird, eigentlich nicht geeignet ist, um Ausbauten in neue Kraftwerkskapazitäten zu ermöglich. Das ist nichts Neues, nur wurden in den letzten 15-20 Jahren die neuen Kraftwerke mit Kostenumlageverfahren (Einspeisevergütung) finanzierbar gemacht. Politisch war das sehr erfolgreich – ist aber heute nicht mehr gewünscht, denn der Ausbau war fast zu erfolgreich. Spöttisch nennt man die Einspeisevergütung darum jetzt eine Subvention. Diese muss weg und ein neues Marktmodell soll den Ausbau und die sichere Versorgung gewähren. Die Konzerne nutzen diese Diskussion geschickt, um auch mehr Geld für die alten Kraftwerke zu bekommen, mehr jedenfalls als was sie heute im Energy-only Markt bekommen. Die neuen Marktmodelle könnten ihr Rettungsanker sein für die Fehler der Vergangenheit. Dreiste Modelle sehen vor, dass auch AKW‘s über Kapazitätsmärkte und dank sog. Klimaneutralität wieder mehr Geld bekommen. Mit einer Energiewende oder einem Aufbau einer sicheren Versorgung hat das wenig zu tun.

Quelle: Re-Powering Markets. Market design and Regulation during the transition to low-carbon power systems (IEA, 2016); In vielen Märkten ist der langfristige Kapazitätsmarkt (3 – 4 Jahre oder neue Anlagen 15-35 Jahre) ungenügend reguliert. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien kann man nur mit langfristigen Vertragsbeziehungen erreichen.

Marktmodelle müssen den Ausbaupfad der Erneuerbaren sichern

In den Marktmodellen kann man vieles diskutieren, aber eines ist nicht verhandelbar; Zusatzerlöse für alte und risikoreiche Atomkraftwerke. Da müssen Alpiq und Axpo einen anderen Weg gehen und der ist völlig klar: Abschalttermin festlegen, alle Zahlen und die ganze Unwirtschaftlichkeit auf den Tisch legen und die finanzielle Ausstiegsvereinbarung mit den Eignerkantone abschliessen. Ob der Bund sich draus halten kann, lasse ich mal offen, aber ich gehe nicht davon aus, dass die Kantone uns den „Dreck“ einfach so überlassen. Erst ohne AKW-Stützung erkennt man, was ein Marktmodell wirklich bringen muss: Es sind sicher zwei Dinge. Das Marktmodell muss erstens den Ausbaukorridor für die neuen Kraftwerke ermöglichen und zweitens muss das Modell eine höhere Versorgungssicherheit gewähren, die mit dem alleinigen kurzfristigen Preissignal der Strombörsen nicht immer gegeben scheint. Wenn die Schweiz alle AKW abstellen muss, dann ist diese neue Kraftwerksleistung in den nächsten 15-20 Jahren dezentral zu bauen. Darum muss ein Marktmodell deutlich machen, wie Energieversorger und Private in den nächsten Jahren diese Kraftwerke sicher bauen können. Ich plädiere daher für einen klar definierten Ausbaupfad für neue dezentrale Kraftwerke. Werden sie gebaut, ist das Modell erfolgreich, werden sie nicht gebaut, dann ist das neue Marktmodell nichts wert. Alpiq. Axpo, BKW und Repower, aber auch die Kantone und Städte, tun gut daran, ein Modell vorzulegen, das privaten und öffentlichen Investoren die Finanzierung von neuen Kraftwerken mit erneuerbarer Energie sicher ermöglicht. Einfach ein bisschen mehr Geld für bestehende Kraftwerke generieren ist kein zukunftsfähiges Marktmodell. Machen wir es wenigstens jetzt richtig.