Strommarkt: Sauberen Strom für alle festen Endkunden

Strommarkt: Sauberen Strom für alle festen Endkunden 150 150 Eric Nussbaumer

Die UREK-N hat Ende April einen Vorschlag für die Anpassung des Stromversorgungsgesetzes angenommen. Geht es nach der Mehrheit der Kommission , so sollen feste Endkunden von Verteilnetzbetreibern zukünftig nur noch mit Strom aus erneuerbaren Energien aus inländischen Kraftwerken beliefert werden. Ja, ich war es – ich habe diesen Vorschlag eingebracht. Da in den Presseerzeugnissen, aber auch in Radio und Fernsehen zeitweise falsche Darstellungen erfolgten, habe ich untenstehend die häufigsten Fragen beantwortet:

Wo ist der Energie-Tarif für feste Endkunden geregelt?

Die Festlegung des Energietarifs für feste Endkunden von Verteilnetzbetreibern ist in Artikel 6 des Stromversorgungsgesetzes (StromVG) geregelt. Die Tarife müssen angemessen sein und wenn der Verteilnetzbetreiber durch seine gesamte Beschaffungsstrategie (für freie und feste Endkunden) Preisvorteile im Markt erzielen kann, dann muss er die Preisvorteile anteilmässig an die festen Endkunden weitergeben. Daraus ist bei der Regulierungsbehörde ElCom das Konzept der „Durchschnittspreismethode“ entstanden. Zudem ist in der Verordnung (StromVV) geregelt worden, dass sich der Energietarif für feste Endkunden (bei vorhandener Produktion) des Verteilnetzbetreibers an den Kosten einer effizienten Produktion und an langfristigen Bezugsverträgen des Verteilnetzbetreibers auszurichten hat. Ob sich in den Energietarifen für feste Kunden die aktuellen Marktpreise widerspiegeln oder nicht, hängt daher stark mit der Beschaffungsstrategie und dem Kundenportfolio (Anteil feste und freie Endkunden) des Stromlieferanten zusammen.

Warum ist die „Durchschnittspreismethode“ der ElCom heute in Frage gestellt?

Die Anwendung der Durchschnittspreismethode durch die ElCom wurde vom Bundesgericht in einem Streitfall entschieden; sie ist bei allen Verteilnetzbetreibern anzuwenden. Da als Folge der Anwendung dieser Methode bei der heutigen Marktpreissituation auch die Gestehungskosten von vorhandenen eigenen Kraftwerken nicht mehr den festen Endkunden verrechnet werden können, zerstört das Zusammenspiel von sehr tiefen Marktpreisen (begründet im europäischen Kohlestrompreis) und den nicht mehr gedeckten Gestehungskosten die weitere Wirtschaftlichkeit von Strom-Produktionsanlagen in der Schweiz.

Was hat der Ständerat entschieden?

Mit der Streichung des Absatzes 5 in Artikel 6 des StromVG hat der Ständerat der Elcom die Rechtsgrundlage für die Anwendung der Durchschnittspreismethode entzogen. Das heisst, dass die festen Endkunden immer noch zu angemessenen Tarifen versorgt werden müssen, dass nur Gestehungskosten aus effizienter Produktion in eigenen Kraftwerken und aus den Bezugsverträgen für die festen Endkunden in die Tarifbildung einfliessen müssen. Die anteilmässigen Preisvorteile aus Stromlieferaktivitäten des Verteilnetzbetreibers im freien Markt sind nicht mehr zu berücksichtigen. Kurz: Der Ständerat will Gestehungskosten aus Atomkraftwerken und Wasserkraftwerken den festen Endkunden belasten können. Zudem will der Ständerat diese Regelung rückwirkend anwenden und er sieht keine Preisregulierungskompetenz bei der Elcom oder beim Bundesart vor.

Wie hat die UREK-N den Entscheid des Ständerates angepasst?

Die UREK-N hat mit ihrem Entscheid von Ende April 2017 die Rückwirkungsklausel gemäss Ständerat gestrichen. Bis zur Festlegung einer neuen Rechtsgrundlage gelten die bisherigen regulatorischen Vorgaben der Regulierungsbehörde Elcom. Gleichzeitig hat die UREK-N auch beschlossen, dass nicht alle eigenen Produktionsanlagen für die Versorgung der festen Endkunden verwendet werden können, sondern ausschliesslich Energie aus inländischen Kraftwerke, welche erneuerbare Energien nutzen und nicht schon anderweitig gesetzlich gefördert oder finanziell unterstützt werden. Unverändert blieb dabei, dass die angemessenen Preise für Energie aus diesen Kraftwerken – wie bereits heute – sich an den effizienten Produktionskosten und an allfälligen Bezugsverträgen der Verteilnetzbetreiber zu orientieren haben. Unverändert blieb auch, dass allfällige Tariferhöhungen oder Tarifsenkungen durch den Verteilnetzbetreiber zu begründen sind und dass die Tarifkontrolle (Tarifaufsicht) weiterhin bei der ElCom bleibt. Zudem hat die UREK-N auch eine Regelung im Interesse der Konsumenten eingeführt, dass der Bundesrat weitere Ausführungsbestimmungen zur Preisfestsetzung erlassen kann. Diese Kompetenz hatte der Bundesrat bisher nicht, sondern die Regeln der angemessenen Preisfestsetzung wurden bis heute stillschweigend an die Regulierungsbehörde ElCom delegiert.

Führt dies zu höheren Energietarifen bei den festen Endkunden?

Da bereits heute viele fortschrittliche Verteilnetzbetreiber Ihren festen Endkunden als Basistarif „Strom aus Erneuerbarer Energie“ anbieten (z.B mein Verteilnetzbetreiber ebl, aber auch ewz, IWB, ewb, BKW, EKZ u.a.), wird sich für die meisten festen Endkunden kaum oder gegebenenfalls nur eine geringe Preisanpassung ergeben. Eine Opting-out Lösung für billigen importierten Dreckstrom oder für Schweizer Atomstrom entfällt aber. Preiserhöhungen müssten durch die Verteilnetzbetreiberin gegenüber den festen Endkunden begründet werden (StromVV Art. 4). Aus der Begründung muss hervorgehen, welche Kostenveränderungen zur Erhöhung geführt haben. Eine allgemeine Aussage zu „Mehrkosten“ ist nicht möglich, weil jeder, der in der Schweiz tätigen 680 Verteilnetzbetreiber, eine unterschiedliche Beschaffungsstrategie hat. Die Aussage ist aber richtig, dass zukünftig Strom aus inländischen Produktionsanlagen die erneuerbare Energie nutzen zu angemessenen Tarifen auf der Basis von effizienten Gestehungskosten an die festen Endkunden verrechnet werden können. Richtig ist auch, dass die Endkunden darüber hinaus – wie heute – besonders ökologische oder zukunftsträchtige Produktionsarten auf einer freiwilligen Basis unterstützen können. „Gemolken“ wird gar niemand.
Wenn man dennoch eine Schätzung machen will, wieviel Billigst-Strom (aus fragwürdigen Produktionsanlagen) ersetzt werden müsste und ob dies zu gesamthaft erhöhten Kosten führt, dann stelle ich folgende angenommene Rechnung an: Es ist noch 10 TWh Billigst-Strom in der Grundversorgung. Wenn diese Menge mit sauberem Strom ersetzt wird und dieser Strom (muss aber nicht sein)  1 Rp./kWh mehr kostet, dann sind das 100 Mio. Franken, bei einem Energie-Umsatz in der gesamten Grundversorgung von rund  1,6 Mia. Franken. Dass die Energieversorgungsunternehmen dieses Preisgefüge mit ihren Schätzungen in der Öffentlichkeit nach oben drücken wollen, ist mehr als druchschaubar. Dem muss im Sinne des Gesetzes Einhalt geboten werden, indem immer nur angemessene Tarife verrechnet werden können, die sich an den Gestehungskosten der effizienten Produktion orientieren. Ineffiziente Produktion darf nicht gestützt werden.

Wie sieht eine Würdigung des Regulierungsansatzes im Lichte der ES2050 aus?
Die ES2050 will den Anteil der erneuerbaren Energien aus der einheimischen Prdouktion in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erhöhen. Dazu sind verlässliche Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Betrieb bestehender und zukünftiger inländischer Kraftwerke aus erneuerbaren Energien (Wasserkraft, Sonne, Biomasse, Wind, Geothermie) die wichtigste regulatorische Massnahme. Die Erneuerbaren sind der Rückgrat der sicheren Versorgung. Damit nicht willkürliche Preise weiterverrechnet werden können, bleiben die bisher bewährten Kriterien bestehen: Es müssen angemessene Tarife sein, die Tarife bilden sich aufgrund der effizienten Produktion und der Bundesrat kann weitere Preisregulierungen im Interesse des Konsumentenschutzes erlassen.