Atomausstieg ist Schutz des Steuerzahlers

Atomausstieg ist Schutz des Steuerzahlers 150 150 Eric Nussbaumer

Gegen den Atomausstieg gibt es eigentlich keine technischen Einwände mehr. Wir sind heute in der Lage, eine risikoärmere Stromversorgung mit einem hohen Anteil von erneuerbaren Energien aufzubauen und auch sicher und zuverlässig zu betreiben. Der Atomausstieg ist technisch möglich. Er kann daher am 27. November in der Volksabstimmung als Planungsentscheid ohne technische Bedenken unterstützt werden. Die Schweizer Atomkraftwerke werden danach geordnet innert 13 Jahren in die Ausserbetriebnahme geführt. Das deckt sich mit der Lebenserwartungszeit von Atomkraftwerken, die man den Bürgerinnen und Bürgern immer mitteilte. Haben wir das einmal planerisch entschieden, müssen wir uns rasch an den Umbau des Energiesystems machen. Die ETH und viele Akteure der Wissenschaft haben in unzähligen Studien bereits dargelegt, dass der Umbau machbar ist. Wie schnell der Umbau geht, ist nur eine Frage des politischen Willens. Die Frage des elektrischen Blackouts ist zwar von Bundesrätin Doris Leuthard angeführt worden, aber er muss in das Reich der politischen Angstmacherei abgeschoben werden. Schade, dass Bundesräte solche Angstmacher-Mittel nun auch nutzen müssen.

Der Nichtumbau ist die grösste Gefahr
Die grössten Gefahren eines Blackouts gehen –wenn schon – nicht vom Umbau des Systems aus, sondern von den alten und technisch nicht mehr einwandfreien AKW in ganz Europa. In Frankreich musste die Aufsichtsbehörde am 19. Oktober fünf AKW innert ein paar Stunden sofort abschalten, weil erneut Qualitätsmängel am verwendeten Stahl erkannt wurden. Mit solch ungeplanten AKW-Abschaltungen ist die sichere Stromversorgung gefährdet, nicht aber mit einer geplanten Ausserbetriebnahme über Jahre. Wenn auch technisch eine sicherere Versorgung ohne AKW möglich ist, so müssen wir hingegen bei der wirtschaftlichen Frage noch etwas genauer hinschauen.

Nein, wer nichts verdient, bekommt keine Entschädigung
Dabei steht eine Hauptfrage im Zentrum: Muss die Öffentlichkeit – also wir Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – den AKW-Gesellschaften eine Entschädigung zahlen, wenn am 27. November politisch zu Gunsten des Atomausstiegs entschieden wird? Die Antwort ist ein klares Nein. Denn eine Entschädigung ist nur geschuldet, wenn die Unternehmen entgangene Gewinne geltend machen könnten. Das ist im heutigen und zukünftigen Strommarktumfeld nicht mehr der Fall. Der Weiterbetrieb von Atomkraftwerken ist heute ein Verlustgeschäft. Die Unternehmen verlieren Woche für Woche Geld. Da gibt es nichts mehr zu entschädigen, weil nichts mehr verdient wird.

Und noch ein Problem: Atommüllkosten
Aus wirtschaftlicher Sicht kommt folglich also über kurz oder lang ein weiteres Problem auf uns zu. Alpiq und Axpo müssen dauernd und ewig für die Stilllegung und Entsorgung aufkommen. Sie haben bei der Stilllegung und Entsorgung der alten AKW eine ewige Nachschusspflicht in ihren Bilanzen. Wer eine solche Nachschusspflicht in den Büchern hat und nichts mehr verdient – der überlebt nicht mehr so lange. Entsprechend haben die Unternehmen in den letzten Jahren massiv an Wert verloren, ihr Eigenkapital schmilzt dahin. Es ist daher nachvollziehbar, dass Alpiq dieses Jahr begonnen hat, ihre Wasserkraftwerke zu verkaufen. Die eigene, unrentable Atomkraft lässt ihnen keine andere Wahl.

Mir tut es weh, dass solche mehrheitlich von Kantonen und Städten (und von EBL und EBM) finanzierte Unternehmen wegen strategischer Uneinsichtigkeit kaputt gehen. Man kann diesen Unternehmen am besten helfen, wenn man ihnen den Weg frei macht für eine Zukunft ohne Atomenergielast. Zuerst braucht es jetzt einen Abschaltplan: den bringt die Atomausstiegsinitiative. Dann braucht es einen weiteren Risikoaufschlag auf den Stilllegungs- und Entsorgungsbeiträgen in den letzten Betriebsjahren, denn die Kassen von Alpiq und Axpo leeren sich. Wer weiss, wann sie nicht mehr zahlen können. Wer nicht will, dass alle noch ungedeckten Atommüllbeseitigungskosten beim Steuerzahler landen, muss daher auch aus wirtschaftlichen Überlegungen am 27. November ein Ja zur Atomausstiegsinitiative in die Urne legen.