In der Frühjahrssession entscheidet der Nationalrat über das neue Bundesgesetz über die Gewinnbesteuerung von juristischen Personen mit ideellen Zwecken. Bringt dieses Gesetz der Schweiz mehr Sozialunternehmen mit gesellschaftlichem Impact oder ist es nur ein neues Steuerschlupfloch?
Kann man mit einem ideellen Zweck wirtschaften? Das ist die Frage, welche bei Sozialunternehmen und in der weltweiten Bewegung der sozialen und solidarischen Wirtschaft immer wieder gestellt wird. Die Gesetzgeber reagieren unterschiedlich auf die Frage. Frankreich hat im Jahre 2014 ein Gesetz für die „Economie sociale et solidaire„ etabliert und darin festgehalten, dass der ideelle Zweck auch darin zu sehen ist, dass allfällige Gewinne nicht ausgeschüttet werden, sondern grösstenteils für die unternehmerische Weiterentwicklung im Rahmen der der ideellen Zwecksetzung verwendet werden müssen. In den USA haben verschiedene Staaten Gesetzesakte für „Benefit Corporations“ erlassen. Diese Unternehmen, werden steuerlich besser gestellt, wenn sie auch in ihrer Rechenschaftsablage Mindeststandards der Transparenz einhalten und den gesellschaftlichen „Benefit“ ausweisen. Allen diesen Bemühungen gemeinsam ist, dass man eingesehen hat, dass es auch ein Unternehmensverständnis gibt, welches unter „wirtschaften“ nicht nur die Gewinnmaximierung versteht. Mit sozial verantwortlichem Unternehmertum können auch gesellschaftliche und soziale Wirkungen erzielt werden. In der Bewegung der Social Enterprises und der Social Businesses genügt das Kostendeckungsprinzip. Entscheidend ist dabei die gesellschaftliche Wirkung, ob ein Sozialunternehmen erfolgreich ist oder nicht. Im Finanzsektor wird dieses wachsende Unternehmensverständnis mit Impact Investing verbunden.
In der Schweiz wird der vermeintliche Widerspruch zwischen „wirtschaften“ und „ideellem Zweck“ immer noch sehr stiefmütterlich behandelt. Im neuen Bundesgesetz über die Gewinnbesteuerung von juristischen Personen mit ideellen Zwecken wird die Gewinnhöhe von 20‘000 Franken als Massstab genommen, ob bei einer juristischen Person eine „wirtschaftliche“ oder eine „ideelle“ Zwecksetzung vorliegt. Das ist natürlich zu kurz gegriffen und diese steuerliche Freigrenze bei der Gewinnbesteuerung wurde wohl nur aus verfahrensökonomischen Gründen so festgelegt, denn mit 20‘000 Franken Gewinn hat die Frage der ideellen Zwecksetzung wenig zu tun. Immerhin macht das Gesetz deutlich, dass auch bei einem ausgewiesenen Gewinn die entscheidende Frage bleibt, ob der Gewinn ausschliesslich und unwiderruflich den ideellen Zwecken gewidmet ist. In anderen Worten: Ideelle Zwecksetzung im Sinne eines Sozialunternehmens liegt vor, wenn der Gewinn nicht den Kapitaleignern zufliesst. Steuerrechtlich wir hier – weil alle juristischen Personen betroffen sind – eine gesellschaftsverantwortliche Wirtschaftsweise besser gestellt.
Dieses Gesetz wird von den Kritikern als weiteres Steuerschlupfloch bekämpft. Ich teile diese Ansicht nicht. Für mich ist es ein winzig kleiner Schritt für eine lebensdienlichere Wirtschaftsweise, so wie das viele Sozialunternehmen tagaus tagein praktizieren. Es wäre ein Leichtes, die steuerrechtlich verlangte ideelle Zwecksetzung mit einer verbindlicheren, öffentlichen Rechenschaftsablage zu verbinden und die Schweiz hätte ein zukunftsfähiges Anreiz-Konzept für mehr Sozialunternehmen.
Links:
Benefit Corporations act: http://benefitcorp.net/
Loi ESS France: http://www.economie.gouv.fr/ess-economie-sociale-solidaire/loi-economie-sociale-et-solidaire