Der Kompromiss steht – take it or leave it

Der Kompromiss steht – take it or leave it Eric Nussbaumer

Jeden Tag lässt sich in der Schweiz eine Stimme finden, die weiss, wie man mit der EU oder genauer mit den EU-Mitgliedsstaaten, verhandeln soll. Es wird dann meistens von der „Rettung des Bilateralen Weges“ und von der „Quadratur des Kreises“ gesprochen, weil die Verhandlungen nach der Infragestellung der Personenfreizügigkeit schwieriger geworden seien.

Wer neben diesen Oberflächlichkeiten genau hinhört, der erkennt, dass der Kompromiss mit der Europäischen Union eigentlich schon steht. Man muss nicht nach der Quadratur des Kreises suchen und man muss es sich nicht komplizierter machen, als es schon ist. Dazu ist es gut, unser eigenes strategisches Ziel in Erinnerung zu rufen: Die Schweiz will nicht im EWR mitmachen, die Schweiz will keine Mitgliedschaft in der EU anstreben, sie will einzig und allein ein bilaterales Vertragswerk mit hunderten von Verträgen schaffen. Dieses strategische Ziel verfolgen wir seit Jahren. Ob es ein sinnvolles strategisches Ziel ist, lassen wir mal bei Seite. Soweit so gut.

Die EU kann sich diesen Weg auch vorstellen, wenn das bestehende und zukünftige Vertragswerk in einen Rahmen, in einen institutionellen Rahmen eingebettet wird. Keine Sonderzüge mehr, keine Sonderwünsche mehr – dann gilt auch zukünftig der uneingeschränkte Zugang zum europäischen Binnenmarkt. Die Schweiz bekommt also ein solches Vertragswerk, wenn es dynamisch ausgestaltet wird. Im Binnenmarkt Europa soll Rechtssicherheit gelten, auch im Nicht-Mitgliedsland Schweiz.

Für diesen Kompromiss haben die EU-Mitgliedstaaten und die Schweiz ein gegenseitiges Verhandlungsmandat. Andere Wege sind Wunschdenken. Das ist der Kompromiss.

Die neusten Entwicklungen zeigen, dass die EU eigentlich strikt auf dem Pfad dieses Kompromisses bleibt. Nach der Infragestellung der Personenfreizügigkeit hat man rasch reagiert und strategisch darauf hingewiesen, dass  die Freizügigkeit  für das EU-Mitgliedland Kroatien bis Ende 2016  gewährt werden muss. Sollte dies nicht geschehen, dann hat die Schweiz auch nichts mehr im Forschungsprogramm Horizon 2020 zu suchen. Wir wären dann ein Drittland – wie von einem anderen Kontinent. Und im Strommarkt und Stromhandel mit der EU ist es genau gleich: Entweder schaffen wir  bis Ende 2016 Klarheit bei der Arbeitnehmer-Freizügigkeit und bei der institutionellen Einbettung oder dann ist auch diese denkbare Interimslösung am Ende.

Nächste Woche reist unsere Bundespräsidentin Sommaruga nach Brüssel. Sie muss nicht die Quadratur des Kreises suchen, sie muss nicht den Bilateralen Weg retten. Sie muss eigentlich nur mitteilen, ob der Kompromiss eines dynamischen bilateralen Vertragswerkes – statt dem EU-Beitritt und statt dem Beitritt zum EWR – noch immer das strategische Ziel der Schweiz ist. Dann müssen wir zu Hause weiterarbeiten und die Hausaufgaben machen um das Ziel zu erreichen. Wir haben uns dieses Ziel selber gesetzt. Jetzt gilt in den nächsten zwei Jahren nur noch: Take it or leave it.