Was taugt das Direktvermarktungsmodell im neuen Energiegesetz?

Was taugt das Direktvermarktungsmodell im neuen Energiegesetz? Eric Nussbaumer

In ein paar wenigen Tagen geht die nationalrätliche Energiekommission des Nationalrates daran, die Totalrevision des Energiegesetzes an die Hand zu nehmen. Diese Totalrevision ist das erste Massnahmenpaket im Rahmen der vom Bundesrat beschlossenen Energiestrategie 2050. Zur Diskussion steht auch ein Komplettumbau des bewährten Einspeisevergütungssystem.

Erfolgsgeschichte Kostendeckende Einspeisevergütung
Neue Stromproduktionsanlagen, die erneuerbare Energien nutzen, können in der Schweiz seit sieben Jahren die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) beanspruchen. Mit der KEV wurden damals verlässliche Investitions-Rahmenbedingungen geschaffen, damit die vielfältigen Möglichkeiten der dezentralen Stromproduktion vorankommen und realisiert werden. Heute sind über 6000 Anlagen am Netz und produzieren 1,8 Terrawattstunden Strom. Die KEV hat – trotz eingebauter gesetzlicher Behinderungen und Barrieren – innert wenigen Jahren das geschafft, was alle wollen: Neue zusätzliche Stromproduktionsanlagen für eine saubere Energiezukunft. Und die Produktion kann noch weiter gesteigert werden. In der Warteliste stehen noch weitere 30‘000 Anlagen. Können diese Anlagen in den nächsten Monaten realisiert werden, dann kommen noch einmal 5,7 Terrawattstunden dazu. Die Stromwende ohne Atomkraftwerke ist also machbar und die KEV ist eine Erfolgsgeschichte.

Was ist der Kern der Einspeisevergütung?
Eine Einspeisevergütung, wie sie in bald 50 Ländern praktiziert wird, hat im Kern immer die gleiche Forderung: Der Netzbetreiber wird verpflichtet, den produzierten Strom immer abzunehmen und zu vergüten. Er muss demnach auch sein Netz ausbauen, damit die dezentral produzierte Energie zu den Kunden weitergeleitet werden kann. Damit die Investitionen getätigt werden, muss diese Abnahme- und Vergütungspflicht auch im Zentrum der erneuerten Einspeiseregelung der Schweiz bleiben. Die Vergütungshöhe kann verschieden ausgestaltet werden, entweder ein einfacher gesetzlicher Mindestpreis (bisherige KEV) oder ein etwas ausgereifteres Modell mit einer stärkeren Marktintegrationsdimension. Darum geht es auch in der anstehenden Gesetzesrevision.

Die KEV muss näher an den Markt
Die KEV ist einfach und das macht sie so suspekt. Das einzige Anreizsignal für die Investoren ist die gesetzliche Abnahme- und Vergütungspflicht des produzierten Stroms aus den neuen Produktionsanlagen. Und dies über die gesamte Lebensdauer der Anlage, in der Regel 20 Jahre. Der Gesetzgeber hat das alles in drei Gesetzesartikeln festgelegt und es funktioniert. Einfacher kann man es nicht haben. Die Schwäche ist vielleicht, dass energiewirtschaftliche Knappheits- und Überschussverhältnisse im Strommarkt mit dem gesetzlichen Vergütungspreis nicht genügend abgebildet werden. Daher ist die Forderung, die KEV muss marktnäher gestaltet werden auch nicht falsch. Es braucht zusätzlich zur Mindestpreisregelung eine Prämie, wenn der Produzent im richtigen Zeitpunkt produziert. Dann ist sein erneuerbarer Strom ohne Zweifel mehr Wert. Diese kleine Korrektur mit einer optionalen „Marktprämie“ oder „Einspeiseprämie“ genügt und die grossen, bedeutenden KEV-Anlagen werden sofort marktintegrierter produzieren.

Die verpflichtende Direktvermarktung ist ein Bürokratiemonster
Der Bundesrat will aber nicht den einfachen Weg beschreiten. Er will ein ganz neues verpflichtendes Direktvermarktungsmodell aufbauen und die KEV abschaffen. Er will, dass Tausende von kleinen Produktionsanlagen versuchen, ihre Energie zuerst direkt an irgendjemanden zu vermarkten. Das entscheidende Element jedes guten Einspeisesystem soll kaltgestellt werden: Es gibt keine Abnahme- und Vergütungspflicht mehr. Bekommen die Anlagen aber keinen anständigen Markt-Preis, so werden sie dann schlussendlich dennoch aus der Einspeisesystem-Kostenumlage gefördert. Und weil der Bundesrat weiss, dass die Marktmacht der kleinen Produzenten nicht besteht, will er auch für ganz kleine Anlagen wieder die KEV zulassen. Es ist eine äusserst komplizierte Bundesratslösung, von Theoretikern entwickelt. Dazu braucht es mehr als 10 Gesetzesartikel, ein Bürokratiemonster bahnt sich an.

Viele Regelungen blockieren die Energiewende
Das vom Bundesrat vorgeschlagene Direktvermarktungsmodell ist eine Sackgasse. In Bern müssen keine Auktionen für die Preisermittlung durchgeführt werden, das kann jeder Energieversorger ohne staatlichen Rahmen an die Hand nehmen, wenn er ohne Staatseingriff die Erneuerbaren voranbringen will. In Bern muss keine Pseudomarktintegration für kleine Produzenten vorgeschrieben werden. Es genügt eine kleine Einspeiseprämie (am Marktpreis sich orientierend) für grössere Produzenten und dann wird sie steuerbare Elektrizitätsproduktion sofort marktintegrierter erfolgen. Zu viele Regelungen werden die Energiewende blockieren. Das im Entwurf zum neuen Energiegesetz vorgeschlagene Direktvermarktungsmodell taugt nicht für die rasche Energiewende.

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