Personenfreizügigkeit in Europa

Personenfreizügigkeit in Europa 150 150 Eric Nussbaumer

Redebeitragsmanuskript  von NR Eric Nussbaumer anlässlich der SP-Delegiertenversammlung in Baden vom 26. Oktober 2013 zum SP-Positionspapier über die Fortführung der Personenfreizügigkeit

Der Rechtsaussenpolitiker Ulrich Schlür trat immer mal wieder gegen die Personenfreizügigkeit auf. Personenfreizügigkeit sei die Grenzöffnung für Billigstarbeitskräfte – so hiess seine Parole. Schlür hatte immer nur ein Ziel, nämlich die europäische Personenfreizügigkeit ganz grundsätzlich als Problemfeld zu beschreiben.

Nun habe ich dieses Papier vor mir. Ich habe alles mehrmals gelesen und frage mich, warum wir neuerdings ähnlich argumentieren und Weckruf-Papiere für andere Parteien schreiben, statt ein eigenes Positionspapier zu verfassen.

Dieses Positionspapier zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien ist eine Beschreibung der allgemeinen migrationspolitischen Situation  und der Herausforderungen einer wachsenden Bevölkerung in den Worten der SP, aber leider mit dem gleichen Gedankenmuster der Rechtsaussen. Mit dem Gedankenmuster der Rechtsaussen wollen wir die Mitte wachrütteln.

Welche Gedanken sind es

  1. Personenfreizügigkeit vielleicht auch nicht weiterführen
    Der Titel III „Forderungen zur Weiterführung der Personenfreizügigkeit“ sagt eigentlich alles. Die SP fährt neu im Fahrwasser, dass die europäische Freizügigkeit der Arbeitnehmenden und die Niederlassungsfreiheit Problemfelder sind, die man auch wieder beenden könnte. Nicht mehr weiterführen. Anders kann man den Titel nicht verstehen. So argumentiert nur Rechtsaussen. Rechtsaussen will nationale Präferenzen wieder in den Vordergrund schieben, Rechtsaussen will eine patriotische Einigelung und Diskriminierungen wegen der Staatsangehörigkiet hochhalten. Sorry, aber diese Stossrichtung – man könne als europäisches Land – diese nationalstaatliche Diskriminierungsansätze befördern oder eines Tages wieder zu Mehrheiten verhelfen, ist eine Verirrung, die ich dannzumal nicht mittragen wird.
  2. Personenfreizügigkeit ohne weitere Sondermassnahemn im Arbeitsmarkt ist Lohndumping
    Der Arbeitnehmerschutz und die Verteidigung der erreichten Löhne darf nicht umgangen und gedrückt werden. Darin ist man sich europaweit einig. In diesem Punkt  gibt es auch  in der Schweiz einen grossen Konsens. Das braucht Umsetzungskontrollen und verstärkte Überwachung. Das ist der Kern der Flankierenden Massnahmen. Es braucht keine Sondermassnahmen in Grenzregionen, das ist Rechtsaussenrethorik Es braucht einzig und allein eine konsequente Umsetzung der Kontrollen und Schutzmassnahmen. Es braucht mehr Mittel für die gesetzliche Umsetzung und Kontrolle, die uns aber von Rechts in aller Regel nicht gewährt werden.
  3. Personenfreizügigkeit ohne Massnahmen im Wohnungsmarkt ist mieterfeindlich
    Die wachsende Bevölkerung bringt gesellschaftliche Herausforderungen. Dennoch ist es zu einfach, die Personenfreizügigkeit als mieterfeindliche Errungenschaft zu positionieren. Wenn ein Land die Herausforderungen des Mobilitätsschubes meistern muss, dann sind das innenpolitische Reformen, die so oder so angegangen werden müssen. Eine andere Mieterpolitik alleine auf der Basis von flankierenden Massnahmen zu begründen ist wohl eher mit dem Resultat verbunden, dass alle Mieter  zur Erkenntnis kommen, dass einen schlechte Mieterpolitik mit der europäischen Freizügigkeit einhergehen. Der hier gewählte Kommunikationsansatz ist falsch.

Mit dem Freizügigkeitsabkommen hat sich ganz Europa und die Schweiz verändert. Die rechtliche Verankerung der Freizügigekit in Europa stellt alle Länder Europas vor nationalstaatliche Herausfordeurngen und zeigt den Reformbedarf auf. Ein Land das still stehen will, das muss man wecken. Da hat die Parteleitung recht. Wir kämpfen gemeinsam für mehr Lohngerechtigkeit, für mehr Arbeitnehmerschutz, für faire Mieterpolitik, aber wir machen das nicht mit der Aufkündigung und dem Neinsagen zur Personenfreizügigkeit. Die Schweiz ist Teil Europas, das ist meine sozialdemokratische Position. Dieses unverrückbare Grundverständnis fehlt in diesem Papier und wird sogar angeritzt, darum werde ich mich enthalten.