Abgeltungssteuer: Stoppt die grenzüberschreitende Steuerflucht

Abgeltungssteuer: Stoppt die grenzüberschreitende Steuerflucht 150 150 Eric Nussbaumer

Seit April 2009 ist die Welt anders. Damals wurde die Schweiz bei der OECD auf die graue  Liste der Steueroasen gesetzt. Das hatte der Finanz- und Bankenplatz Schweiz nicht erwartet, er wurde auf dem falschen Fuss erwischt. Unvorbereitet, noch immer auf dem hohen Ross sitzend (BR Merz: „Sie werden sich am Bankgeheimnis die Zähne ausbeissen“), musste man auf den internationalen Druck reagieren. Seither sind drei Jahre vergangen. Haben wir dazu gelernt? Sind die nun anstehenden Abgeltungssteuerabkommen ein guter Schritt für eine Finanzplatzstrategie ohne Schwarzgeld?

Erster Schritt: Neue Doppelbesteuerungsabkommen

Die neu abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen haben uns noch  im 2009 dazu gebracht, dass wir wieder von der grauen Liste gestrichen wurden. Die Schweiz ist keine Steueroase mehr, weil sie den erweiterten Informationsaustausch auf Anfrage ( gleichbedeutende mit dem OECD Standard) endlich in ersten Doppelbesteuerungsabkommen eingeführt und akzeptiert hat.  Das steuerliche Bankgeheimnis ist nicht länger ein Hindernis für eine Amtshilfegewährung.

Zweiter Schritt:  Neue Finanzplatzstrategie

Im Februar 2010 hat der Bundesrat endlich anerkannt, dass der Schweizer Finanzplatz mit unversteuertem Geld nicht mehr bestehen kann. Wegen dem Mythos „Privatsphäre des Bankkunden“ (die es ja bei der ehrlichen Steuerdeklaration gegenüber jedwelcher Steuerbehörde gar nicht geben kann…) entschied er sich für die Quellensteuerstrategie. Das ist nur der zweitbeste Weg, die Schweiz wird damit den Ruf nicht los, etwas verheimlichen zu wollen. Aber: immerhin wird auch mit dieser Strategie den bislang unversteuerten Geldern  der Riegel geschoben. Die Abgeltungssteuer ist ein mögliches transitorisches Instrument, um die Steuerhinterziehung und – umgehung des Schweizer Bankenplatzes  rasch zu bekämpfen.

Dritter Schritt: Melden beim Steueramt  oder Abgeltungssteuer

Tritt das Abkommen in Kraft, dann hat der Steuerflüchtling gerade noch drei Optionen: Erstens, er kann sich  einsichtig freiwillig zur Besteuerung melden (Informationsaustausch mit den Steuerbehörden in Deutschland). Wenn er dies nicht macht, wird ihm eine Nachversteuerung in der Form einer Einmalzahlung (Abgeltung) abgezogen. Diese Einmalzahlung wird in
Deutschland kritisch gewürdigt, weil sie weniger Belastung bringt, als ein ordentliches Nachsteuerverfahren. Das mag sein – es ist daher auch das Normalste der Welt, dass die deutsche Regierung selber schauen muss, wie sie für diesen ausgehandelten Kompromiss eine Mehrheit findet.  Und natürlich könnte  der Steuerflüchtling auch vor dem Inkrafttreten weiter mit seinem Kapital flüchten – so ist das in einem weltweit liberalisierten Kapitalmarkt ohne gültigen internationalen Standard zum Informationsaustausch. Immerhin verlangt das Abkommen, dass die Schweiz entsprechende statistische Daten bereit stellen muss, damit der Vertragsstaat im Drittland entsprechende Amtshilfegesuche einreichen können.

Es stimmt, solche Abgeltungssteuerabkommen können nur eine transitorische Lösung sein. Aber sie erreichen – abgesehen von der umstrittenen Vergangenheitsregularisierung – im Endeffekt die gleiche Steuerbelastung wie wenn man den automatischen Informationsaustausch (AIA) einführt. Dass der AIA in Steuerfragen die günstigere Lösung sein wird, muss das Schweizer Privatbanking noch entdecken oder der internationale Standard wird als Druckmittel eines Tages erneut unseren Finanzplatz erreichen (Spätestens dann, wenn der ECOFIN Rat ein Mandat für die Revision der Zinsbesteuerungsrichtlinie bekommt, ist das Ende der Quellenbesteuerung absehbar). Heute ist für die Schweiz entscheidend, dass die Volumen von unversteuertem Geld in der Schweiz innert wenigen Monaten fast vollständig beseitigt werden.

Vierter Schritt: Der neue internationale Standard heisst AIA

Am 1. Januar 2013 tritt die neue EU-Amtshilferichtlinie in Kraft. Das wird auch nicht ohne Auswirkungen auf die Schweiz bleiben. Spätestens mit der Umsetzung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedsländern per 2015 und dann mit dem ersten Auswertungsbericht an das europäische Parlament (2018) wird auch geprüft werden, ob sich die Abgeltungssteuerabkommen einzelner EU-Mitgliedsstaaten mit der Schweiz als gleichwertige Lösung zum automatischen Informationsaustausch (AIA) bewährt haben. Bis dann wird auch die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie revidiert sein. Die Schweiz wird sich den internationalen Entwicklungen zu einem Standard zum automatischen Informationsaustausch in Steuersachen nicht entziehen können. Wenn ich eine Wette abschliessen müsste, dann gehe ich davon aus, dass die Schweiz den AIA gemäss EU-Standard am 1. Januar 2018 einführt.

Fazit: Mit den Abkommen über die Abgeltungssteuer kann man die Steuerflucht aus einzelnen europäischen Ländern sofort stoppen. Darum unterstütze ich die Abkommen. Die EU will diese Steuer-Problematik aber sicher für alle Mitgliedsstaaten (und nicht nur für D, A und GB) gelöst haben und wird daher alles daran setzen, dass die Anforderungen an den Informationsaustausch verbessert und automatisiert werden. Schlussendlich geht es darum, wie effizient der Steuerbetrug und die Steuerhinterziehung in Europa bekämpft werden kann. Wenn die Schweiz in den nächsten Jahren die schrittweise Einführung des automatischen Informationsflusses erschweren statt erleichtern will, dann wird sie trotz der Abgeltungssteuerabkommen ihre internationale Reputation weiter beschädigen.